5. Juli 2013

Neeeebel…

Nebel… oder: Hat einer von Euch den Horizont gesehen?

Was der Kapitän schon vor längerer Zeit angekündigt hat, ist über Nacht eingetroffen: Man hat uns erneut eine Stunde geklaut. Und es hat Nebel! Die Welt draussen ist komplett in weiss-graue Watte verpackt. Das einzige, was zurzeit noch für etwas Farbe sorgt, sind die bunten Container auf dem Vorschiff. Nebel, so lasse ich mich informieren, sei von den Seemännern früherer Tage mehr gefürchtet worden als alles andere. Wenn man nicht mehr unterscheiden konnte, wo der Himmel anfing und das Wasser aufhörte und der Horizont nur noch zu erahnen gewesen war – das sei schlimmer gewesen als Durchfall und böse Weiber zuhause. Radar und andere neuzeitliche Dinge waren ja damals noch nicht erfunden, und die Seeleute von einst mussten sich vornehmlich auf ihre ‚normalen’ Sinne verlassen (können). Kein einfaches Unterfangen, denke ich so für mich, wenn die Welt um einen herum nur noch einfarbig ist und man nie weiss, was in der nächsten Sekunde um die Ecke kommt.

Von daher bin ich nicht unglücklich über die Tatsache, dass wir zwei (oder gar drei?) funktionierende Radarschirme an Bord haben. Diese sind zwar (trotz des weissen Nebels!) immer noch ‚tätschblau’, aber zumindest ist kein unbekannter Fleck oder sonst etwas Unerklärliches darauf zu erkennen. Das einzige sind zwei Linien, die den Radarschirm durchschneiden und darauf hinweisen, dass wir nach wie vor die einzigen sind, die hier und bei diesem Wetter auf dem Ozeans herumkurven. Ein komisches Gefühl. – Vom „Ersten“ (dem 1. Offizier) höre ich, dass auf dem Radarschirm „im Radius 12 nautische Meilen versetzt nach unten“ also 24 Meilen einsehbar seien und (war das jetzt ein hämisches Lachen?), dass es unter uns im Moment gerade etwa 1000 Meter „s’Loch ab’ gehe. Ich nicke verstehend, schlucke aber insgeheim zwei Mal leer. Und versuche dabei, mir einen ebenen Kilometer der Länge nach vorzustellen. Gopf nomoll – „dasch uhuere tüüf“!