25. Juli 2013

Zwätschge-Konfi „Made in Egypt“

In der Mittes unseres Esstisch hat’s so eine Art Drehteller, auf dem alles drauf steht, was beim Essen in irgendeiner Weise von Nutzen sein kann. Nicht nur Servietten, Brot, Butter, Salz und Pfeffer findet man da, sondern auch allerhand andere Dinge, von denen man oftmals weder weiss, was es nicht, noch, wo es herkommt. Andrew findet deshalb, dass die Sachen auf dem Drehteller eines näheren Augenscheins bedürfen. Vor allem die Herkunft interessiert. So machen wir uns gemeinsam daran, die verschiedenen Büchsen und Flaschen und Gläser und sonstigen Behältnisse nach dem „Made in …“ zu untersuchen. Was zu einem regelrechten Wettbewerb ausartet.

Lange führt Diane das Feld an, und zwar mit einer simplen Packung Milch „Made in Holland“, bevor Andrew zu einem kurzen Zwischenspurt ansetzt und triumphierend eine Flasche mit rotem Inhalt und dem Aufdruck „Banana-Sauce“ (!) in die Luft hält: „Product of the Philippines“. Nicht schlecht, denke ich, und versuche, mit einer Büchse Nesquik dagegenzuhalten, in der Hoffnung, darauf die Armbrust oder den Aufdruck „Made in Switzerland“ zu entdecken, aber daraus wird nichts: „Made in Italy“, steht drauf. Man kann sich aber auch auf gar nichts mehr verlassen, denke ich, und ignoriere die verschmitzten Blicke von Diane und Andrew. Und erkläre mich damit, dass die Schweiz als Binnenland, und ohne direkten Anschluss an die Weltmeere, food-mässig auf Schiffen ein gewisses Handicap habe. Was aber nur halbherzig als Entschuldigung akzeptiert wird.

Die Suche geht weiter. Mittlerweile ist auch Patty zu uns gestossen. Und bringt sich sofort ins Spiel. Mit ihrem ersten Versuch – Philadelphia-Cheese „Made in USA“ – scheitert sie allerdings kläglich. War ja auch zu offensichtlich. Und dann ist es wieder Andrew, der, obwohl er wegen seiner Weitsichtigkeit sichtlich Mühe hat, die kleinen Aufschriften zu entziffern, den nächsten Voll-Treffer landet: Zwetschgen-Konfitüre „Made in Egypt“ – ein echter Winner.

Patty ihrerseits, noch immer um Längen zurückliegend, versucht nun mit Vehemenz, den Anschluss an die Spitze zu finden – und greift beherzt  nach dem „Nutella“-Glas. Netter Versuch, mehr aber auch nicht. „Made in Italy“  bringt sie nicht entscheidend weiter. Andrews ägyptische Zwetschgen-Konfi hält weiterhin ihre Leader-Position.

Weil auch ich noch nichts Zählbares vorweisen kann, peile ich als nächstes die Maggi-Flasche an – aber auch die bringt mich nicht weiter: „Made in China“, steht auf dem Etikett. Frustriert stelle ich sie zurück und lupfe dafür die danebenstehenden Essiggurken zu mir rüber. Und siehe da: mit „Made in Vietnam“ bin ich auf einen Schlag wieder voll bei den Leuten.

Diane, die sich – wie mir schien – mit ihrer holländischen Milch etwas zu lange auf den Lorbeeren ausgeruht hat, greift nun ebenfalls wieder ins Geschehen ein: mit der Kikkoman-Gewürz-Sauce „Made in Singapore“ bringt auch sie sich wieder ins Gespräch um den Tagessieg. Patty ist offenbar Diane’s cleverer Griff in die Gewürzkiste nicht verborgen geblieben, weshalb sie punktgenau auf das Tabasco-Fläschli zusteuert und es siegesgewiss in die Luft hält: „Made in USA“. So ein Pech aber auch. Pattys Gesicht spricht Bände – und wir andern können uns ein Schmunzeln nicht verkneifen.  Andrew, ganz Gentleman, schanzt ihr (aus Mitleid?) ein vielversprechend aussehendes Glas Dijon-Senf zu. Aber zu mehr als „Made in Holland“ reicht auch das nicht (mehr).

Mit seiner ägyptischen Zwetschen-Konfi steigt Andrew aufs Sieger-Treppchen, während ich mit meinen vietnamesischen Essiggurken die Nase ganz knapp vor Diane’s Kikkoman-Gewürz habe. Nicht mehr in die Medaillenränge schafft es Patty – trotz Andrews Unterstützung mit der holländischen Dijon-Mayonnaise.

Fazit: Es ist unglaublich, wie wenig es braucht, um sich eine Stunde lang zu vergnügen – wenn man Zeit ‚zum Versauen’ hat.