26. Juli 2013
Es ist ein Fakt, dass man für eine Überfahrt per Schiff von Amerika nach Europa etwas Zeit braucht. 12 Tage, um genau zu sein. Und wenn es sich bei besagtem Schiff um einen Frachter handelt, auf dem Animation ein Fremdwort ist, ist plötzlich eine ganze Menge Zeit vorhanden, die mit Inhalt gefüllt werden will. Nach der gestrigen Suche des „Made in …“ ging es heute am Frühstückstisch darum, hochsee-taugliche Freizeitaktivitäten zu finden.
Diane – wieder sie! – nimmt den Faden sogleich auf und schlägt „Power-Lisme“ vor. Auf die Idee gebracht haben sie die gewaltigen Fadenspulen, die auf dem Vorschiff herumstehen. Ich schlage ihr dafür den grossen rostigen Anker vor, der durchaus etwas Farbe vertragen könnte. Diane ist begeistert.
Andrew seinerseits ist der Meinung, dass mit den vielen Holzbalken, die da auf dem Hauptdeck herumliegen, etwas zu machen sein sollte. Als Exil-Australier schlägt er einen Workshop im Bumerang-Schnitzen vor, verwirft den Gedanken dann allerdings wieder, als er hört, dass die Balken aus Hartholz sind. Vielleicht liesse sich daraus ja ein Floss konstruieren, dass man dann hinten am Schiff anbinden und … (?) Die abweisenden Blicke der Beteiligten stoppen seinen Gedankengang abrupt.
„Wie wär’s mit ‚Offshore-Gardening’?“, werfe ich ein. Ein paar Geranium-Kistchen an der Reling würden dem Schiff sicherlich gut anstehen und ihm ausserdem ein gewisses rustikal-heimatliches Aussehen vermitteln. Andrew findet die Idee durchaus verfolgenswürdig, hat aber kleinere Bedenken wegen der salzhaltigen Gischt, die den Geranien eventuell zu schaffen machen könnten. Er schlägt daher den Bau eines Treibhauses vor ‚aus den vielen Holzbalken, die da auf dem Hauptdeck liegen’. Diane hakt ein und könnte sich vorstellen, den Eingangsbereich mit einem gestrickten Vorleger zu versehen.
Patty hingegen kann unserer Sucherei nichts abgewinnen und vertritt die Meinung, dass eine Internet-Verbindung die Lösung aller Probleme wäre. Weil man dann mit der Welt und der Heimat und was weiss ich noch alles verbunden wäre, und Langeweile dadurch schon gar nicht aufkommen könnte. Andrew nickt beifällig und könnte sich vorstellen, dass man allenfalls eine Antenne mit den Holzbalken bauen könnte, die da auf dem Hauptdeck … .
„Vielleicht wäre Sport eine Alternative“? „Sport?“ – Andrew schaut mich an, als hätte er in eine Zitrone gebissen. „Nun ja, wir haben ja an Bord einen kleinen Fitness-Raum und ausserdem einen Swimmingpool auf dem Hauptdeck!“. „Was willst Du denn mit diesem Swimmingpool, der ist ja gerade mal drei auf drei Meter gross. Da kommt man sich ja vor wie ein Goldfisch im Glas.“ Diane hingegen ist begeistert, sie kann der Idee durchaus etwas abgewinnen. Sie habe nämlich, sagt sie, während der Zeit an Bord des Schiffes, das sie nach Amerika gebracht habe, einen speziellen Schwimmstil entwickelt, der auch im kleinsten Swimmingpool angewendet werden könne – den „Liegend-an-Ort-Stil“. Da spiele die Grösse des Swimmingpools überhaupt keine Rolle, weil man sich bei dieser Technik (sofern man sie beherrsche) keinen Zentimeter von der Stelle bewege. Um ihrem Vorschlag den nötigen Nachdruck zu verleihen, führt sie neben dem Frühstückstisch eine Art Trocken-Demo vor – was die im Raum Anwesenden in schallendes Gelächter ausbrechen lässt. Einzig Andrew (der ja mit Diane verheiratet ist, und sich daher nicht zu weit aus dem Fenster lehnen darf) findet, dass man ja mit den Holzbalken, die da auf dem Deck herumliegen, eventuell ein Sprungbrett … . —???—